Gewillkürtes Betriebsvermögen bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung und gegen die Meinung der Finanzverwaltung hat der Bundesfinanzhof am 2. Oktober 2003 unternehmerfreundlich entschieden, dass auch Überschussrechner gewillkürtes Betriebsvermögen (BV) bilden können.

Erforderlich dafür ist lediglich, dass

• das Wirtschaftsgut zu mindestens 10 % betrieblich genutzt und
• und die Zuordnung zum BV durch zeitnah geführte und überprüfbare Aufzeichnungen nachgewiesen wird.

Dazu hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 17. November 2004 Stellung genommen und sehr strenge Anforderungen an die Anerkennung gewillkürten Betriebsvermögens formuliert:

• Die Aufnahme ins Bestandsverzeichnis muss vor dem Jahresende erfolgen, sonst erfolgt die Anerkennung als BV erst ab Eingang der Überschussrechnung beim Finanzamt.
• Mit der Einnahmenüberschussrechnung des Jahrs der betrieblichen Widmung müssen Nachweise über die Widmung als BV und den Zeitpunkt der Einbringung eingereicht werden.
• Alternativ „darf“ der Steuerpflichtige dem Finanzamt zeitnah - also noch vor dem Jahresende - mitteilen, dass er bestimmte Wirtschaftsgüter als zum Betrieb gehörig behandeln will.
• Diese Anforderungen sind in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen (also auch rückwirkend) anzuwenden.
• Den Steuerpflichtigen trifft die volle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen.

Die vorstehend (verkürzt) beschriebene Auffassung der Finanzverwaltung birgt das Risiko für den Unternehmer, gerade im Anschaffungsjahr die Bildung von gewillkürtem BV und somit den Ansatz von Abschreibungen als Betriebsausgaben zu verpassen. Das ist dann besonders ärgerlich, wenn degressive Abschreibungen nach § 7 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werden sollten oder dadurch Ansparrücklagen nach § 7g EStG nicht mehr rechtzeitig übertragen werden können und nachversteuert werden müssen.

Tipp:

Sprechen Sie bei für den Betrieb lediglich „nützlichen“ Anschaffungen unverzüglich Ihren Steuerberater an.

© Dr. Karin Richter
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