Gläserner Bürger: Automatisierter Kontenabruf

Ab dem 01. April 2005 dürfen Finanzbehörden und über sie andere Behörden und Gerichte sog. Kontostammdaten elektronisch abrufen. Diese enthalten u. a. den Namen des Kontoinhabers und/oder Verfügungsberechtigten, Geburtsdatum, Kontonummern und Depots. Informiert werden muss der Betroffene erst hinterher. Eine rechtliche Abwehrmöglichkeit besteht damit nicht.

Zwar erfahren die Behörden durch den Abruf nicht die Höhe der Kontostände und die Kontobewegungen, aber allein die Kenntnis der Konten kann sie zu intensiven Nachforschungen veranlassen. Betroffen sind nicht nur Steuerzahler bzw. solche, die es noch nicht waren, sondern auch Empfänger von Wohngeld, BaFöG, Arbeitslosengeld II etc.

Von Kritikern wird die gesetzliche Ermächtigung als verfassungswidriger Eingriff in die Freiheitsrechte angesehen. Es sind auch schon Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig, die jedoch im Jahr 2005 noch nicht zur Entscheidung anstehen.

Eine Bank, ein Rechtsanwalt und Notar, eine Wohngeldbezieherin und ein Sozialhilfeempfänger hatten daher im Wege der einstweiligen Anordnung des BVerfG ein Inkrafttreten der Gesetzesregelung zu verhindern versucht. Diese Anträge hat das Gericht mit Beschlüssen vom 22. März 2005 (1 BvR 2357/04 und 1 BvQ 2/05) zurückgewiesen.

Es hat die Nachteile der Betroffenen in Abwägung mit den Interessen der Allgemeinheit an der gleichmäßigen Besteuerung und Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Verhinderung des unberechtigten Bezugs von Sozialleistungen als nicht so überwiegend angesehen, dass das Aussetzen des Vollzugs geboten wäre.

Damit hat das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Regelung keineswegs bestätigt. Es hat vielmehr den Ausgang der Verfassungsbeschwerde als offen bezeichnet.

 

 

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