Erstattungszinsen vom Finanzamt sind nicht steuerpflichtig - oder doch?

Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2010 (VIII R 33/07) entschieden, dass Erstattungszinsen keine steuerpflichtigen Einnahmen aus Kapitalvermögen sind, wenn sie auf Steuern entfallen, die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähig sind. Dass sind vor allem die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer auf Entnahmen sowie die Vorsteuer auf bestimmte nach § 4 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähige Betriebsausgaben.

Zur Begründung führt der BFH aus, dass § 12 Nr. 3 EStG diese Steuern in vollem Umfang aus dem steuerbaren Bereich ausnehme und dem Privatbereich zuordne. Diese Zuordnung zum nicht steuerbaren Bereich - und darin besteht die Änderung der Sichtweise - müsse auch für die Zinsen nach § 233a AO gelten, die insoweit als steuerliche Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen.

Das sollte auch für die Körperschaftsteuer gelten, die nach § 10 Nr. 2 KStG wie die Einkommensteuer nicht abzugsfähig ist. Nicht übertragbar ist die Argumentation möglicherweise auf die Gewerbesteuer. Denn diese wird - nach überwiegender Auffassung - nicht dem außersteuerlichen Bereich zugeordnet, sondern wäre als Realsteuer im Grundsatz als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn nicht § 4 Abs. 5b EStG ein spezielles Abzugsverbot enthielte.

Für die an das Finanzamt zu entrichtenden Nachzahlungszinsen bestätigt der BFH noch einmal ausdrücklich seine Auffassung, dass diese nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig sind - selbst dann nicht, wenn die zu leistende Nachzahlung auf einem gesonderten Konto geparkt worden ist. Steuerrechtlich hat diese Fragestellung seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 ihre Bedeutung ohnehin im Wesentlichen eingebüßt, da § 20 Abs. 9 EStG den Werbungskostenabzug grundsätzlich ausschließt.

Aufgrund des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus ist es gegenwärtig sehr viel wichtiger bei absehbaren Steuernachzahlungen von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, schon vor der Steuerfestsetzung durch freiwillige Zahlungen die Nachverzinsung der Steuer mit einem Zinssatz von 6 % zu vermeiden.

Man darf darauf gespannt sein, wie die Finanzverwaltung auf die am 8. September 2010 veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs reagieren wird.

8. September 2010

Nachtrag:

Die Freude währte nicht lange. Nun wissen wir, wie die Finanzverwaltung reagiert: sie macht ein Gegen-Gesetz, um das unliebsame Urteil aus der Welt zu schaffen.

So wird durch das Jahressteuergesetz 2010 in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geregelt, dass Zinsen nach § 233a AO Erträge aus Kapitalforderungen sind. Ob dies allerdings bereits ausreicht, um dem BFH-Urteil die Rechtsgrundlage zu entziehen, wird abzuwarten sein. Denn der BFH hat nie bezweifelt, dass Erstattungszinsen Erträge aus Kapitalforderungen sind, er hat sie lediglich in analoger Anwendung des Abzugsverbots in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugerechnet.

07. November 2010

 

 

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